Auszüge aus dem Vortrag unserer Kollegin, Claudia Liese beim „get together“ in der Weiberwirtschaft am 25.09.2020
In meinen Erstberatungsgesprächen im finanzkontor stelle ich immer wieder fest, dass viele Frauen sich nicht gut genug oder gar nicht um ihre Finanzen kümmern. Wie ist das bei Ihnen?
Tatsächlich habe ich den Eindruck, dass sich mehr als die Hälfte der Frauen gar nicht kümmern oder nicht gut genug oder auch viel zu spät.
Warum ist das so? Gibt es da vielleicht Berührungsängste/Glaubenssätze, die anerzogen sind wie z.B. die Meinung, dass ein Mann, der gut oder besser verdient, schon die Frau mitversorgt oder hat Frau einfach so viel zu managen, dass sie einfach nicht dazu kommt, ihre Finanzen anzuschauen?
Im Beratungsgespräch stellt sich dann oftmals heraus, dass einige Vermutungen der Frauen leider nicht richtig sind. So ist es z.B. Tatsache, dass bei einem Paar ohne Trauschein nach einer Trennung der Partner kein gesetzlicher Versorgungs- oder Vermögensausgleich stattfindet, da es keine Ehe gegeben hat. Wenn hier die Frau einen großen Teil der Kinderfürsorge übernommen hat und vielleicht sogar ihren Job dafür aufgegeben hat bzw. verkürzt hat, zieht sie definitiv den Kürzeren.
Rentenansprüche sind kaum vorhanden und oftmals ist der Zug im Job auch abgefahren.
Jetzt fragen Sie sich sicherlich, was kann ich besser machen? Sollte ich vielleicht sogar deshalb heiraten?
Aus meiner Sicht sollte eine Heirat in erster Linie eine Herzensentscheidung sein und erst nachgeordnet dann eine strategische Entscheidung. Sie ist nicht unbedingt notwendig. Doch sollten Sie sich, liebe Frauen, ein klares Konzept überlegen, wenn Sie in einer Partnerschaft, also ohne Trauschein, vor allen Dingen mit Kindern leben. Sprechen Sie unbedingt mit Ihrem Partner/Ihrer Partnerin über Finanzen! Was hat er/sie, was haben Sie? Wie kann für Sie gesorgt werden, wenn Sie sich um die Kinder oder den Haushalt oder um Angehörige kümmern. Lassen Sie sich das bitte ausgleichen!
Wie geht das?
Das geht u.a. mit einem Partnerschaftsvertrag, in dem sie zusammen schriftlich regeln, was sie ausgleichen wollen, also z.B. du zahlst mir 150 Euro monatlich in meine private Rentenversicherung ein, damit ich später auch eine gute Rente bekomme. Im Partnerschaftsvertrag kann man auch regeln, was im Falle einer Trennung passieren soll. Hier nutzt man das gute Verhältnis und die Kooperationsbereitschaft in guten Zeiten aus. Denn Sie wissen sicherlich, wenn erst einmal über Trennung konkret nachgedacht wird oder sogar eine Trennung erfolgt, ist die Verhandlungsbasis eine ganz andere.
Im Partnerschaftsvertrag kann z.B. geregelt werden, wer sich um die Kinder kümmert oder wer darf die Mietwohnung behalten bis hin zu wer kümmert sich um das gemeinsam angeschaffte Haustier. Das klingt jetzt vielleicht etwas lustig, kann aber im Ernstfall eine wirklich große Entlastung bringen!
Es gibt noch einen weiteren Punkt, warum Frauen wie auch Männer die Finanzen vernachlässigen und das sind aus meiner Sicht weniger die Glaubenssätze als tatsächlich das Thema „Schieberitis“ – Kennen Sie das? Ich denke, das kennen Sie. Man schiebt und schiebt, weil man der Meinung ist, es gibt immer wieder wichtigere Dinge/Themen zu erledigen.
Ich kenne es auch aus meinem Alltag wie z.B. die Idee, endlich einmal meine vielen digitalen Fotos zu sortieren und upps jedes Jahr passiert damit gar nichts, auch dieses Jahr nicht mehr, leider. Nun ist es aber ganz bestimmt nicht so schlimm, dieses Thema zu schieben, da ich ja ein bestimmtes Foto doch mit längerem Suchen finden werde – es ist ja vorhanden.
Anders aber ist es tatsächlich mit der Altersvorsorge, der Absicherung oder dem Vermögensaufbau. Hier kann es erhebliche Konsequenzen haben. Ich möchte Ihnen ein kleines Bespiel geben: Zwei Frauen fangen an, monatlich 150 Euro bis zu ihrem 65. Lebensjahr zu sparen. Die unterstellte Rendite ist dabei willkürlich von mir mit 4% gewählt, z.B. durch Fondssparen. Die eine Frau fängt schon im Alter von 25 Jahren an zu sparen, die andere 5 Jahre später, also mit 30 Jahren.
Das Vermögen der zweiten Frau beläuft sich nach 35 Jahren auf 135.500,- Euro und das Vermögen der Frau, die mit 25 Jahren angefangen hat zu sparen nach 40 Jahren auf 174.700,- Euro –, also knapp 40.000,- Euro mehr für fünf Jahre länger sparen. Das ist schon erheblich, oder?! Es zeigt ganz deutlich, dass es sich lohnt, früh anzufangen.
Was meinen Sie kommt heraus, wenn Sie mit 40 Jahren erst anfangen bis 65 Jahre, also 25 Jahre insgesamt? Dann können Sie mit ca. 75.600,- Euro rechnen.
Liebe Frauen, gerade wenn man sich beruflich neu aufstellt oder umorientiert, steckt man alle Energie, Zeit und Gedanken in das eigene Arbeitsprojekt. Nur vergessen Sie dabei, dass Sie hier in Deutschland für die Rente schon vorher etwas tun müssen, um im Alter auskömmlich leben zu können.
Das Rentenniveau für die Angestellten wurde 2004 von 52,9 % auf 2020 auf 47,6 % abgesenkt und soll noch weiter sinken. D.h. momentan bekommen sie weniger als 50% Ihres Verdienstes als Rente, wenn Sie ein Leben lang gearbeitet haben. Wünschenswert wären 80 % Ihres letzten Verdienstes, um ein zufriedenes Rentendasein zu genießen. Somit wird völlig klar, dass die Rente nicht ausreichen wird! Während heute Männer durchschnittlich immerhin 1.148,- Euro Monatsrente erzielen, bekommen Frauen im Schnitt nur 711,- Euro überwiesen.
Sie fragen sich jetzt, wann ist der richtige Zeitpunkt anzufangen und ich kann Ihnen sagen: JETZT – genau JETZT! Dabei zählt wirklich auch jede Kleinigkeit mit der Sie vorsorgen, Hauptsache Sie gehen das Thema an. Je später Sie mit monatlichem Sparen anfangen, desto mehr müssen Sie zurücklegen und das ist später oftmals nicht in der Größenordnung möglich! Das hat vorhin unser Beispiel gezeigt!
Auch das Thema Absicherung, z.B. gegen Berufsunfähigkeit, ist enorm wichtig, um das Grundrauschen in Ihrer Haushaltsrechnung aufrecht zu erhalten, in Zeiten, in denen plötzlich ein unvorhersehbares Ereignis Sie ereilt.
Mein Aufruf an Sie ist: Lassen Sie sich unbedingt von Expert*innen beraten! Es gibt genügend Angebote!
Ich werde oft gefragt, woran ich eine gute Beratung erkenne: Aus meiner Sicht, gibt es da sechs wesentliche Punkte, auf die Sie achten sollten:
- Weiterempfehlungen, gibt es so eine aus Ihrem Bekannten-/Freundes-/Familienkreis. Verlassen Sie sich nicht auf Bewertungsplattformen – die sind oftmals nicht neutral, sondern nutzen Sie eher ihr persönliches Netzwerk
- Transparenz, hier sollte genau aufgeklärt werden, wie in der Beratung vorgegangen wird und welche Kosten auf Sie zukommen
- ganzheitliche Betrachtung Ihrer Situation, dabei spielt ihr komplettes Leben eine Rolle, Ihre Wünsche und Ziele, Ihre Gesundheit, Ihre jetzige finanzielle Situation, Ihre Familiensituation, Ihr Beruf etc.
- es drängt Sie keiner zu einem Geschäftsabschluss
- solvente Angebote, bei denen Ihnen die Risiken erklärt werden
- die Berater*in sollte empathisch sein und sie sollten die Empfehlungen verstehen bzw. die Erklärungen der Berater*in sollten gut verständlich sein.
Ich wünsche mir, dass das Thema Frauen und Finanzen an Leichtig- und Selbstverständlichkeit gewinnt!
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